Samstag, 4. Februar 2017

Durch - Sicht

                    Der Augenblick ist nicht,
                    es sei denn
                    ich blicke
                    in die Augen meines Gegenüber,
                    bekenne mit meinem Lächeln,
                    dass ich da bin, wo er auch ist,
                    mitten im bunten Vielvölker-Farbengemisch
                    auf der Fussgängermeile -
                    unter den Klängen von Zimbeln und Trommeln
                    vereint in gemeinsamer Freude.

                    Zwei Fremde reichen einander
                    unscheinbar die Hände -
                    bauen am Frieden in friedloser Zeit.

                    © baH, 04.02.2017
                    inspiriert durch das nachfolgende Gedicht
                    von Barbara Hauser
                    https://schwerelos2013.wordpress.com/

                  Münchner Geschichten


                  Mitten auf der Kaufingerstraße sitzen Passanten eng beieinander
                  auf Rundbänken, die sich um zwei alte Bäume schmiegen
                  und nutzen die ersten Sonnenenstrahlen.
                  Um uns herum dieses noch gewohnheitsbedürftige Vielvölkergemisch,
                  das Kopf an Kopf die Straßen von München bevölkert.
                  Eine Gruppe von Hare Krishna Jüngern in orangefarbenen
                  Gewändern zieht trommelnd und singend vorbei.
                  „Bunt ist die Welt …“ äußere ich wieder einmal staunend
                  und lächle einen älteren Mann auf der Bank an.
                  Schööön“, sagt er mit leuchtenden Augen
                  und zeigt deutlich seine Freude an dieser Kulisse.
                  Seine Begeisterung an dem bewegten Leben
                  überträgt sich auf mich und wie von selbst
                  wechsle ich aus dieser grauen Ebene, die die Müdigkeit
                  in mir hervor gerufen hatte und schaue mit seinen Augen
                  auf die orangenen Gewänder, den Gesang und das Trommeln,
                  das graubraun der noch winterlichen Bäume, die vielen Menschen
                  und sehe plötzlich alles vom Gold der Wintersonne überhaucht.
                  Willig trete ich in das Geheimnis des Augenblicks ein.
                  Wie schnell doch die Ebenen wechseln! Wie nah sie beieinander liegen!
                  Die Müdigkeit ist verflogen. Mein Herz fühlt sich weit an und leicht.
                  Was für eine Begegnung! Heilung geschieht mir
                  im Vorübergehen, in Sekunden.
                  ***
                  Leichtfüssig bewege ich mich mit dem Strom der Menschen
                  zur nächsten S-Bahn-Station.
                  Das Lächeln des Mannes begleitet mich bis nach Hause,
                  umhüllt mich mit dem Duft der Freude.
                  © bmh, 02.02.2017

Donnerstag, 2. Februar 2017

Sich weiten ...

                Bisweilen stehe ich an Strassensäumen
                und halte inne im Getriebe des Tages,
                nehme mir eine Auszeit auf einer Parkbank
                oder verweile im Dialog mit der Stille
                hinter einem Fenster meine Wohnung,
                trete auf den Balkon hinaus
                und lausche nach aussen, wie nach innen.   
                       
                Aufmerksam die Ebenen wechselnd,
                die oft nahe beieinander schwingen
                löse ich den Vorstundenbann
                vor dem Geheimnis des Augenblicks,
                trete ein, bewegt in Bewegung,
                offen für das Neue
                in sich weitende Lebenshorizonte.

                Nicht müde meine Bewegungsgestalt zu dehnen,
                bin ich Neuland Wanderer,
                ein Zeitreisender zwischen den Welten,
                Augen und Ohren offen für das Wispern
                im Nebel-Tropfen Geäst
                am Morgen vor Sonnenaufgang, späterhin
                im Geraune der Menschen auf der Fussgängermeile.

                Welt und Menschen zu umarmen ist mein Beruf.

                © baH, 02.02.2017
                inspiriert durch: „die Zeit hält ihren Atem an“
                von Barbara Hauser, 29.12.2011
                https://schwerelos2013.wordpress.com/

Sonntag, 29. Januar 2017

Worte ...

                    Worte sind von ihrem Wesen her
                    Geschöpfe der Unmittelbarkeit -
                    in ihrer ganzen Kraft
                    können sie daher nur durch das Tor
                    des Jetzt in Erscheinung treten.

                    Das Jetzt ist seinerseits
                    als ein Momentum der Unmittelbarkeit
                    nicht bipolar,
                    ist vielmehr Ausdruck
                    unmittelbarer Ich - Gegenwärtigkeit.

                    Wo aber die Nebel durchschritten
                    mit denen das Tor der Wirklichkeit
                    von Selbstbildern verhüllt wird,
                    dort kann „Dein Wille“ durch das Ich geschehen.

                    © baH, 29.01.2017