Samstag, 20. Juni 2015

Mitten hindurch

                    Zu allen Zeiten war es so,
                    dass Toren Tore öffneten,
                    die,
                    weil vom Grund her
                    an der Zeit
                    sie zu durchschreiten,
                    oft nur den Stinkefinger
                    als Antwort mit sich nahmen.

                    Zu allen Zeiten war es so,
                    dass, wer in die Tiefe griff
                    und
                    vom Grund des Nichts
                    so manche Perle
                    denkend, wie erlebend
                    an die Oberfläche hob
                    als Tor belächelt wurde.

                    Zu allen Zeiten war es so,
                    dass unter einer Linde
                    nach langen Jahren
                    Menschen die Hand sich reichten,
                    um den Mut des Ahnen zu besingen,
                    der einst im Ich vorangeschritten.

                    © baH, 20.06.2015
                    eine Resonanz auf das Gedicht
                    von Wilfried Jaensch vom 1. Mai 2015
                    www. emzyklika.blogspot.com
               

Eine notwendige Anmerkung zu dem Gedicht: Mitten unter uns

In diesem Gedicht geht es nur vordergründig um das Flüchtlingsgeschehen im Mittelmeer, das für sich genommen schon unfassbar ist.
Es ist zwar richtig, dass wir alle mehr oder weniger in unserem Leben auch Flüchtlinge vor uns selbst und vor anderen sind. Dies trifft jedoch noch nicht wirklich in das Zentrum dessen, was gegenwärtig auf und um das „Mittel - Meer“ herum geschieht.
Die Festung Europa bäumt sich auf gegen die Erneuerung seines sozialen wie wissenschaftlichen Verständnisses  von „dem Leben zugewandten“ Ordnungen schlechthin. Die verschleierte Pest geht um und hat längst „alle“ Bewohner dieses Kontinents mit ihrer Abstraktionsnadel infiziert - unausweichlich alle.
Selbst Menschenkreise die in Randbezirken seiner Gesellschaften sich für auserwählt halten mögen und an einer Umkehr der Verhältnisse auf die eine oder andere Art schon arbeiten (ob in Rocker- oder Newage- Zusammenhängen, in Gebets- und Umweltkreisen oder anderweitig weltanschaulichen Verbindungen) sind davon betroffen, solange sie sich im Streit um den rechten Weg in ideologischen Scharmützeln oder persönlichen Animositäten gegenseitig offen oder versteckt an die Gurgel gehen.
Damit ist keineswegs indirekt auf eines der vielen Weltuntergang Szenarien, die heute allenthalben kursieren, es ist vielmehr auf ein zutiefst menschliches Grundgeschehen verwiesen, das durch zahllose Debatten und Konferenzen um eine sich ausbreitende, weltweite Terrorgefahr und die damit, wie gesagt wird, notwendig in Verbindung zu bringenden Sicherheitsfragen nur verschleiert wird.
Es ist das Grundgeschehen der Beschämung, das dem im Geiste des Sokrates „an die Wurzel hin Fragen“ in seinem tiefsten Sinne zugrunde liegt, eines Fragen, das sein Pendant, das Erleben mit einbezieht und sich damit vor der Gefahr eines Vereinseitigen  in der Reduktion auf Abstraktionen im Denken  freihält und bewahrt.
Wenn ich in dem Gedicht „Mitten unter uns“ leise auf die Schwestern der Rose hinwies, so ist dabei jenseits des Streites um irgendwelche Quoten auf ein tief liegendes Wirken zumeist kaum ernsthaft erkannter starker und auf eine jeweils einzigartige Weise weiser Frauen gedeutet, die über ein geistiges Band miteinander in Verbindung stehen und leise Einfluss nehmen auf gesellschaftliche Prozesse. Die Fähigkeit zur Erlebnistiefe dieser Frauen bei einer gleichzeitig sehr besonderen Klarheit im Denken könnte wegweisend wirken, wenn denn mehr Männer den Mut entwickelten über ihr Traumtanzen in Abstraktionen hinaus zu wachsen. Die Krise Europas ist auch eine Folge weitreichend unterentwickelten,  tiefer gegründeten „gleichrangig wertschätzenden“ Zusammenwirkens von Mann und Frau.
Sie ist eine Krise von Männern, die auf kaum zu überbietende Weise das Fürchten vor dem Grund, das Erfahren des Nichts zu umgehen trachten, die lieber des nachts heimlich über Zäune spähen, in der Hoffnung einen anderen Mann zu entdecken, der die Führung im spirituell unwegsamen Gelände übernimmt. Ein von Anfang an zum Scheitern verurteiltes Unterfangen.
Auch da und dort in Erscheinung tretende, mehr oder weniger klare Mutationen zum Guru gründen bei genauerem Hinsehen nicht selten in einem subtil emotionellen Bedürfnis, einer verborgenen Angst derselben an den Abgründen zum Nichts hin eigene Bedeutsamkeit wie aufzublasen, um sich selbst zu spüren, anstatt im Durchgang durch Erschütterungen der Beschämung auf den eigenen Kern hin zu reifen.
Meisterschaft war und ist von jeher ein Unterfangen, das eigenständig im Erwachen am Du und daran sich erschliessenden seelischen Beobachtung voran zu bringen ist. Eine  in krisenhaften Umbrüchen in bestimmten sozialen Netzwerken gerne in Umlauf gebrachte Hoffnung auf einen zu erwartenden Tröster verzerrt ein reales Geschehen dahingehend, dass der „Tröster“ keinesfalls auf ein äusseres Ereignen in einer Person deutet, sondern allein auf eine mögliche innere, rein geistige Erfahrung im Zuge einer inneren Reifung hinweist.
Ohne eine „Ein - Sicht“ auf einen grundlegend zu erneuernden Willen wird Europa auf längere Sicht gesehen seine Probleme nicht Frieden schaffend lösen können.

© baH, 20.06.2015

Mittwoch, 17. Juni 2015

Der Mohn

                    Das Karge zieht er vor
                    dem Üppigen,
                    die dünne Erdkrume
                    dem saftig federnden Untergrund,
                    wählerisch -
                    wie er ist
                    „der Mohn.“

                    Auf schmalsten Erdpolstern
                    setzt er sich nieder
                    und atmet hinaus in die Weite
                    sein glühend Rot, spricht -

                    Nur eines braucht die Liebe
                    um zu gedeihen -
                    Vertrauen.

                    © baH, 17.06.2015

                                 Sommerweg
                       

                    Schon drängt er sich wieder
                   
                     durch Spalten und Ritzen
                       
                       folgt steinigen Wegen
                          
                          vergangener Tage

                        Beharrlich glüht er
                        
                       der Sonne entgegen
                       
                     auf friedlichen Wegen
                  
                und Schlachtfeldern stumm

                      Rot blüht der Mohn
                           
                        bis zum Horizont
                               © bmh

Dienstag, 16. Juni 2015

Begeisterung

                Sänger bin ich 
                im Chor der Engel -
                Lichtjubel,
                in der Gebärde meiner Arme!

                So rüttle ich am Gebälk dieser Welt,
                auf dass alle Schutzschilder -
                zerbrechen
                und ein grosses Werde
                die Herzen der Menschen
                in gemeinsamem Tun verbindet.

                Hier und jetzt will aus unserem Tun,
                durch die Kraft der Güte,
                auferstehen das neue Jerusalem.

                © Bernhard Albrecht, 1995/2011
                (In Erinnerung an einen grossen Menschen,
                der das Wort führt durch die Schleier
                einer geistigen Behinderung)

Amfortas

                    „Was wirret Dir,“
                    dass Du den Anderen
                    an Deiner Seite
                    nicht sein lassen kannst,
                    wie das Leben
                    ihn eben jetzt sein lässt -
                    was wirret Dir?

                    Was mäkelst Du an Ihm herum,
                    sammelst schwarze Splitter,
                    die, wie Du meinst
                    seine Engstirnigkeit,
                    sein völliges Danebenliegen
                    in Gefühl und Denken
                    belegen,
                    sonnenklar -
                    was wirret Dir?

                    Du unterstellst ihm,
                    wie einst Odysseus,
                    List und Falschheit
                    in seinem Tun und Sagen
                    und -
                    erwägst auch nicht einen Augenblick,
                    dass es Dein Beharren vor Veränderung,
                    Deine Ego-Angst sein könnte,
                    die Dich so in Rasche bringen.

                    Ist es das,
                    Du jähzorniges Kind,
                    Deine Furcht vor Ich-Verantwortung?

                    © baH, 16.06.2015

Stilles Werden


                    „Mädchen“ Du,
                    das in seiner priesterlichen Seele
                    die ganze Tiefe
                    des Frau - Sein in sich birgt,
                    was grämst Du Dich
                    um den so ganz der äusseren Welt
                    zu gewandten Mann an Deiner Seite.
                   
                    Was willst Du mehr,
                    da Du den Schlüssel der Erfüllung
                    in einer bedingungslosen Liebe
                    ohne Anhaftung
                    unter Deinem Herzen trägst.

                    Streichle sein Wegschaffen
                    in stiller Anteilnahme und Klarheit
                    mit dem Atem,
                    der gründet in der Treue zu Dir selbst
                    und verbiege Dich nicht in Erwartungen.

                    Hüte den Brunnen
                    der dunklen Kraft in Dir,
                    denn auch  e r  trägt Liebe in sich,
                    die er scheu vor Dir verbirgt,
                    bis sein Ich auf fremden Wegen erwacht.

                    © baH, 15.06.2015
                    für Anne

                   
                   

Die Quelle

                    Lässt Du Dich ein
                    auf mich
                    den Grund allen Sein,
                    kommst vorbei,
                    räumst ab
                    die Mauern
                    Deines Vorstellen
                    jedweder Wirklichkeit,
                    bist bereit
                    die Anhaftungen
                    an Dein Ego zu lösen,
                    - „der treue Johannes
                    wird es Dir danken“ -
                    dann öffnet sich Dir
                    erneut die Quelle,
                    die einst zu „Sais“
                    Deinem Blick verschlossen
                    und Du kannst aus mir,
                    dem dunklen Brunnen
                    des Nichts trinken
                    Kraft der „Freiheitsfähigkeit“
                    Deines Ich.
                       
                    © baH, 15.06.2015
                    inspiriert durch das nachfolgende Gedicht
                    von Barbara Hauser
                    www. schwerelos2013.wordpress.com
                       
                       
                             Die Quelle

                        Kommst du vorbei
                        den Durst zu stillen
                        bin ich bereit
                        bin dir zu willen

                        so ist das mit Quellen
                        sie sprudeln
                        und schwellen
                        warm oder kalt

                        Junge und Alte
                        können sich kühlen
                        werd sie umspülen
                        laut oder still
                        wie man es will

                        heftig und zart
                        sanft oder hart
                        kühl bin ich – ja kalt
                        im dämmrigen Wald

                        werd’ in der Sonne
                        warm umfassen
                        willst du mich lassen
                           
                        © bmh

Schau hin

                    Worte
                    umschleichen Dich
                    im „Gedanken Streaming“,
                    blubbern
                    aus Schattenreichen nach oben,
                    schauen Dich an,
                    wie Du meinst, unerbittlich
                    und Du wehrst sie ab,
                    verschliesst Dich.

                    Schau sie an
                    und ihr „Cyberface“
                    weitet in einem Sternen Auge
                    sich zu einer Quelle der Kraft.

                    © baH, 11.06.2015
                    für Jonathan